Erwin Sattler X Deutsches Museum

03. Oktober 2022

Eine wissenschaftliche Instanz, weit über die Grenzen Münchens und Bayerns hinaus ist das Deutsche Museum. Mit seinen vier Außenstellen, der Bibliothek, dem Archiv und dem eignen Forschungsinstitut ist es, rein nach der Größe seiner Ausstellungsfläche, eines der größten Wissenschafts- und Technikmuseen der Welt!

Allein in München werden aktuell 25.000 Exponate in 53 Fachgebieten dem interessierten Publikum präsentiert. Die Fachgebiete reichen von „C“ wie Chemie, bis „Z“ wie Zeitmessung – und hier schließt sich der Kreis.

Seit vielen Jahren schon ist die Präzisions-Sekundenpendeluhr „Secunda Accurata 1958“ ein fester Bestandteil der permanenten Ausstellung zur Zeitmesstechnik.

Wir haben Thomas Rebényi, den Uhrmachermeister und Leiter der Restaurierungswerkstatt für Wissenschaftliche Instrumente und Uhren des Deutschen Museums zu der ausgestellten Erwin Sattler Uhr und zur Thematik Uhren im Deutschen Museum ausgiebig befragt:

Seit wann schmückt die Erwin Sattler Uhr die Räume des deutschen Museums?

Es handelt sich um die Erwin Sattler Präzisionspendeluhr-Modell 1958, N°17, Eingangsdatum: 27.5.1998 mit der Inventar-Nummer. 1998-224. Sie wurde vor 24 Jahren in den Bestand der Exponate des Deutschen Museums aufgenommen und ist seitdem ununterbrochen in der Ausstellung Zeitmessung ausgestellt.

Wieso ist die Uhr und ihr Uhrwerk für das deutsche Museum relevant? 

Die Uhr ist mit einer Hemmung ausgestattet, die bis dahin noch nicht in der Sammlung vertreten war.
Es ist die sogenannte Strasserhemmung, (freie Federkrafthemmung nach Ludwig Strasser).

Zudem wird anhand der Uhr deutlich, dass der Bau von Präzisionspendeluhren trotz der Anwesenheit von Atom- und Funkuhren nicht beendet wurde.

Sie vereinen bewährte Funktionsprinzipien mit modernen Werkstoffen und Fertigungsmethoden.

Nur bei mechanischen Uhren kann man mit den eigenen Augen beobachten und begreifen, wie die auf dem Zifferblatt angezeigte Zeit im Mechanismus entsteht.

Sehen sie die Manufaktur Erwin Sattler als Erbe der großen Präzisionsuhrenbauer vergangener Tage?

Die Aufgabenstellung, sprich der Einsatzzweck von Präzisionspendeluhren ist heute natürlich ein ganz anderer. Es werden keine Forschungs-Institute und Sternwarten mit den Uhren ausgestattet, sondern Wohn- und Präsentationsräume.
Dennoch ist es meines Wissens so, dass alleine die Firma Sattler Präzisionspendeluhren höchster Qualität und Genauigkeit mit modernen Maschinen, in Serien zu produzieren, und weltweit zu vertreiben in der Lage ist und hoffentlich bleibt. Eine Serienfertigung höchster Qualität kann nicht mit der Anfertigung einzelner Präzisionspendeluhren oder Kleinserien verglichen werden.
So gesehen würde ich sagen, dass diese aktuelle Produktionsreihe eine Fortsetzung der Tradition des klassischen Präzisionspendeluhr-Baus darstellt.

Zudem wurde der Präzisionspendeluhr-Bau ohne die handwerkliche Basis zu verlassen, durch den Einsatz neuer Ideen, Materialien und Techniken stetig durch die Konstrukteure und Mitarbeiter der Firma Sattler weiterentwickelt


Wie kamen Sie zu der Position als Leiter der Restaurierungswerkstatt für wissenschaftliche Instrumente & Uhren?

Die Arbeit hier im Museum hat sich ergeben, als bei der Firma Sattler die Werkeproduktion in ihrer Entwicklung zum größten Teil abgeschlossen war und ich mich in ein neues Feld begeben wollte. Die ganze Bandbreite, die ich hier im Deutschen Museum habe, an unterschiedlichen Instrumenten und Originalen zu arbeiten, die man sonst nur in Büchern betrachten kann, war natürlich ein Anreiz dem ich nicht widerstehen konnte.

Wie genau sieht ihr Arbeitsalltag aus?

Abwechslungsreich und bunt.

Ich habe Wartungsarbeiten, Reparaturarbeiten,

von der Turmuhr bis hin zu Instrumenten der Landvermessung – eine kaum beschreibbare Vielfalt. (Ein Rundgang, wenn möglich, ist sehr empfehlenswert)


Was finden Sie persönlich faszinierend an der Thematik Uhren?

Die Kunst, mit Wissen und Berechnungen, mit konstruktivem und handwerklichem Geschick und Geduld einen mechanischen möglichst reibungs- und verschleißfreien Automaten zu schaffen. Der uns den Lauf unseres wichtigsten und eigentlich einzigen Besitzes, unserer Zeit, permanent vor Augen führt und uns daran erinnert sie bewusst zu nutzen und sie nicht gedankenlos verrinnen zu lassen.

In der Uhrmacherei gibt es keine Obergrenze für die Kreativität, lediglich eine Grenze für die angestrebtenHerstellungszeiten.

Aus welchem Jahrhundert stammt die älteste ausgestellte Uhr im deutschen Museum?

Aus dem 16.Jahrhundert, es ist die Turmuhr des Bamberger Doms aus dem Jahre 1562, (Ausgestellt im Diezösenmuseum Bamberg).

Dann haben wir auch noch eine Dosenuhr mit Sonnenuhr von 1565

und eine Konsolenuhr mit Vierviertelschlagwerk, Kalender und astronomischen Indikationen aus dem Jahre 1592.

Leider ist die Ausstellung wegen Umbaumaßnahmen im Moment geschlossen.

Wir bedanken uns herzlich für das Interview und die damit verbundene Zeit bei Herrn Thomas Rebényi und dem Deutschen Museum München.